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Datenabgleich/ BAföG Betrug – Sparbuch bei den Großeltern – Vermögen

Ein besonderes Problem bei den Datenabgleich – BAföG-Betrug – Fällen stellen die Konstellationen dar, in denen die Auszubildenden nichts von dem Vermögen gewusst haben, das die Eltern oder andere Verwandte für sie angelegt haben. Der klassische Fall ist das Sparbuch bei den Großeltern für den Enkel/ die Enkelin.

Früher ging ein Teil der Rechtsprechung davon aus, dass bei der Betrachtung, ob der Auszubildende beim Antrag Vermögen nicht angegeben hat, allein die objektive Sichtweise hinsichtlich des Vermögensbegriffs – also wer ist Eigentümer der Forderung – ausschlaggebend war.

Hinsichtlich der konkreten Fallkonstellation – die Großmutter hat ein Sparbuch auf den Namen des Enkels angelegt, von dem dieser aber nichts wusste – hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW am 14. Oktober 2008 (Az: 2 A 1172/05) aber eine grundlegend andere Entscheidung getroffen:
Das Gericht stellte fest, dass hier kein Vermögen des Auszubildenden im Sinne des § 27 BAföG vorlag, die Bewilligungsbescheide ohne Berücksichtigung des Vermögens daher nicht rechtswidrig waren und die geleisteneten BAföG-Beträge deshalb nicht einer Rückforderung unterliegen können.
Insbesondere bezog sich das Gericht auf die neuere zivilrechtliche Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2005, 510), wonach nicht entscheidend ist, auf welchen Namen das Sparbuchkonto geführt wird. Vielmehr kommt es darauf an, wer konkret Besitzer (also Inhaber der tatsächlichen Verfügungsgewalt) des Sparbuchs ist. Denn nach § 808 BGB wird die Sparkasse durch Leistung an den Sparbuchinhaber gegenüber dem eigentlich Berechtigten frei. Typischerweise ist, wenn ein naher Angehöriger ein Sparbuch auf den Namen eines Kindes anlegt, ohne das Buch aus der Hand zu geben, aus diesem Verhalten zu schließen, dass der Zuwendende (hier also die Großmutter) sich die Verfügung über das Guthaben bis zu seinem/ihrem Tode vorbehalten will.
Im konkreten Fall hatte die Großmutter unter anderem auch weitere Vereinbarungen mit der Sparkasse ausschließlich selbst getroffen und unterschrieben. Außerdem löste sie das Konto später auf, überwies den Betrag auf ihr Girokonto und zahlte ihn erst danach an den Enkel.

Im Kern stellte das OVG NRW also fest, dass der Enkel nie die tatsächliche Verfügunggewalt über das Sparkonto hatte und ihm deshalb das Vermögen nach dem BAföG nicht zuzurechnen war.

Hier der Link zum genannten Urteil:

http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2008/2_A_1172_05urteil20081014.html

Fraglich ist nun aber, welche konkreten Auswirkungen dieses Urteil auf ähnliche Fallkonstellationen haben könnte. Nicht selten werden durch Eltern Konten für die Kinder angelegt, von denen diese bei der BAföG-Antragstellung nichts wissen; z. B. Beteiligungen an Finanzfonds, Festgeldkonten usw.
Nach meinen konkreten Erfahrungen in einigen dieser Fälle entwickelt sich die aktuelle Rechtsprechung eher in die Richtung der sehr begrenzten Anwendung des günstigen Urteils des OVG NRW, denn in den anderen genannten Fällen kommt es in der Regel nicht zu einer Trennung von Kontoinhalt (Forderung gegenüber der Bank) und tatsächlicher Verfügungsgewalt über das Konto.