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40 Jahre BAföG – kein Grund für Jubelarien!

Dieser Tage jährt sich die Einführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) zum 40. Mal.  Aufgrund der reichlich vorhandenen Jubelarien in der Tagespresse, von Seiten des Bundesministeriums und  des Deutschen Studentenwerkes (DSW-Jubiläumsbroschüre) sehe ich mich zum Ausgleich genötigt, ein paar Liter Wasser in den vermeintlichen Wein oder Jubiläumssekt zu gießen:

4 Millionen Menschen sollen seit 1971 dank BAföG studiert haben können (DSW).
Ja natürlich, zu fragen ist aber auch: Wie viele Menschen mussten wegen der engen Voraussetzungen des BAföG ihr Studium abbrechen oder konnten garnicht studieren, weil ihnen BAföG aus den verschiedensten Gründen verwehrt wurde; zum Beispiel, weil sie von Migranten abstammen oder weil sie die Altersgrenze überschritten hatten … ?
Gegenwärtig erhalten etwa nur 18-19 % aller Studierenden durchschnittlich ca. 450 € BAföG monatlich, angesichts dieser Zahl von einem großen Erfolg des BAföG zu reden, ist m.E. nicht gerade überzeugend. Die hier genannte Zahl basiert auf der Gefördertenzahl in Bezug auf die Gesamtzahl der Studierenden (aktuell rund 400.000 zu etwa 2,2 Mill.). In den Jubelarien wird immer nur eine geschönte Förderquote genannt, die aber auch nicht gerade berauschend ist: etwa 25 %, gebildet aus der Zahl der Geförderten in Bezug auf die dem Grunde nach anspruchsberechtigten Studierenden.

Wie viele Studierende haben sich besonders nach der Einführung des verzinsten Bankdarlehens im BAföG für eine Reihe von besonderen “Förderungssituationen” extrem verschuldet, damit sie überhaupt einen akademischen Abschluss erringen konnten, werden aber angesichts der deutlich schlechter gewordenen Einkommenssituation von jungen Akademikern (v.a. bei GeisteswissenschaftlerInnen) massive Schwierigkeiten bei der Rückzahlung dieser Darlehen einschließlich Zinsen bekommen oder haben sie bereits?
Mit Stand vom 30. September 2009 hatten bereits 82.137 Auszubildende Verträge über verzinste BAföG- Bankdarlehen mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) abgeschlossen – vgl. Bundestags-Drucksache 17/485, S. 32. Heute dürfte die Zahl der abgeschlossenen Bankdarlehensverträge inzwischen deutlich über 100.000 liegen.

Wie viele Menschen müssen gegenwärtig trotz BAföG-Bezug zur Deckung ihrer Unterkunftskosten zusätzlich Leistungen der Hartz IV-Behörden (JobCenter/Arge) beantragen/ in Anspruch nehmen und sich somit dem System der schlechtesten Behörden dieses Landes aussetzen, weil die im BAföG-Bedarfssatz angesetzten Unterkunftskosten die tatsächlichen Kosten nur in Einzelfällen decken?

Antwort: sehr, sehr viele!

Diese Liste der erheblichen Defizite der Ausgestaltung des BAföG ließe sich noch um einige Aspekte erweitern …

Zu fordern ist daher ein eltern- und altersunabhängiges sowie wirklich bedarfsdeckendes Vollzuschussstipendium mindestens für das Erststudium; erst wenn das erreicht wäre, könnte man tatsächlich jubilieren !

erstellt: September 2011