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BAföG-Betrug: Strafe beim “gewerbsmäßigen” BAföG-Betrug

Das Berliner Kammergericht (KG – Oberlandesgericht) für Strafsachen hat sich in einem Urteil vom 07. März 2011 zum Aktenzeichen 1 Ss 423/10 recht ausführlich zur Strafzumessung in einem Fall des Sozialleistungsbetrugs (BAföG-Betrug) geäußert.

Die Entscheidung ist leicht unter folgendem Portal zu finden:

http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/

page/sammlung.psml/bs/10/

Der Fall betraf die Revision der Staatsanwaltschaft Berlin gegen die Strafzumessung des Landgerichts Berlin. Eine Schülerin hatte über drei Bewillligungszeiträume mindestens rund 19.000 € zu Unrecht erhalten, weil sie bei der BAföG-Antragstellung ein Sparbuch-Vermögen nicht angegeben hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte eine zehnmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung verlangt.

Das KG Berlin beschäftigte sich vor allem mit der Frage, ob hier ein “besonders schwerer Fall” des Betruges gem. § 263 Abs. 3 StGB vorlag und welche konkreten Auswirkungen das auf die Strafzumessung in diesem Fall haben sollte.
Zwar wurde das Merkmal “gewerbsmäßig” grundsätzlich bejaht, da sich die Angeklagte durch wiederkehrende Tathandlungen eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer in einigem Umfang verschafft hatte und verschaffen wollte, allerdings sei die Indizwirkung zur höheren Strafzumessung wegen des  typisierenden Regel-Merkmals “gewerbsmäßig” in diesem besonderen Fall durch andere Umstände entkräftet.
Solche Umstände seien zum Beispiel: ein Geständnis, das von Reue und Einsicht geprägt war; die sofortige Akzeptanz der Rückzahlung; die fehlende Vorstrafe; die schweren Folgen einer möglichen Freiheitsstrafe für das Beamtenverhältnis der Angeklagten; die lange Verfahrensdauer; die sich aus der Natur des BAföG ergebenden Einzelheiten (z.B. hälftig als Darlehen gewährt).
Insgesamt ist diesem Urteil zu entnehmen, dass in ähnlichen Fällen eine Strafzumessung “im besonders schweren Fall” gem. § 263 Abs. 3 StGB des Sozialleistungsbetrugs gem. § 263 Abs. 3 StGB kaum angemessen ist.

Bevor nun aber Betroffene ein umfassendes Geständnis abgeben, die geforderte Rückzahlung sofort leisten etc. empfehle ich dringend die Hinzuziehung eines in diesen Fällen erfahrenen Verteidigers und BAföG-Spezialisten!