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Nationales Stipendienprogramm (NaStip) contra BAföG ?

Die Bundesregierung hat Ende März 2010 den Entwurf des Gesetzes für ein Nationales Stipendienprogramm (NaStipG) vorgelegt.

Danach sollen Studierende bereits ab dem Wintersemester 2010/2011 300 € Stipendium monatlich erhalten  können. Die sogenannte Begabtenförderung soll einkommensunabhängig und elternunabhängig erfolgen. Als Auswahlkriterien werden in § 3 Abs. 1 des Gesetzesentwurfes genannt:
“Die Stipendien werden nach Begabung und Leistung vergeben. Neben den bisher erbrachten Leistungen und dem bisherigen persönlichen Werdegang sollen auch gesellschaftliches Engagement, die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen oder besondere Umstände berücksichtigt werden, die sich beispielsweise aus der familiären Herkunft oder einem Migrationshintergrund ergeben.”

Die Finanzierung des NaStip soll zur einen Hälfte aus staatlichen Mitteln (Bund und Länder insgesamt 300 Mio. € jährlich) und zur anderen Hälfte aus von den Hochschulen und Universitäten zu akquirierenden Mitteln der Wirtschaft, von Alumni etc. erfolgen. Für die Vergabe der Stipendien sollen die Hochschulen verantwortlich sein.  Vorrangiges Ziel ist die Erhöhung des Anteils von Stipendien in Deutschland von derzeit 2 auf ca. 10 Prozent der Studierenden, um u.a. den Anreiz zur Aufnahme eines Studiums zu erhöhen.

Hier der Link zum Entwurf des NaStipG nebst Begründungen und Erläuterungen (einschließlich der Fassung der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt vom 26. 07. 2010 sowie der Entwurf des 1. Änderungsgesetzes zum NaStipG) :

http://dishwasher.blogsport.de/images/
2010219stgbNaStipLnderundVerbndeabstimmungfinal.pdf

http://www.bmbf.de/pub/stipendiengesetz.pdf

http://www.bmbf.de/pub/entwurf_stipg_aenderungsgesetz.pdf

Von Seiten des Deutschen Studentenwerkes, der StudierendenvertreterInnen und der Gewerkschaften wird das NaStip teilweise grundsätzlich kritisiert.
Die Hauptargumente der Kritik können wie folgt zusammengefasst werden:
Das NaStip sei kein geeignetes Mittel, um den Anreiz zur Aufnahme eines Studiums zu erhöhen, da es sich lediglich um ein Teilstipendium handele und die Erfahrungen mit den bisherigen Begabtenförderungen ergäben, dass der weitaus größte Teil der Stipendien an Studierende aus privilegierten sozialen Schichten vergeben wurde. Genau das wird auch bei der vorliegenden Förderung erwartet. Die staatlichen Mittel würden daher eher an Eliten vergeben, die eine derartige Förderung in der Regel nicht bedürfen. Außerdem sei völlig unklar, wie der geplante Erfolg der privaten Mittelerbringung erzielt werden könne.
Insofern seien die aufzuwendenen Mittel zur Ergänzung und Erweiterung des bestehenden BAföG deutlich effektiver zu verwenden, insbesondere um die soziale Barriere für ein Studium in Deutschland zu senken.

Ich schließe mich dieser Kritik weitgehend an. Neben den bisher aufgeführten Argumenten ist z.B. auch die fehlende Transparenz der Auswahlkriterien zu kritisieren. Wesentliche Regelungsbereiche des Gesetzes werden per Verordnungsermächtigung gem. § 14 ausschließlich in die Hände der Exekutive gegeben. Das betrifft auch die Frage der Organisation der Verwaltung in den Hochschulen, die bisher auf dem Gebiet von Stipendienvergaben keine Erfahrungen haben. Zudem dürfte Letzteres wegen der Hoheit der Länder im Bereich der Hochschulen auf erhebliche verfassungsrechtliche Schwierigkeiten stoßen.
Zwar legte die Bundesregierung gleichzeitig den Entwurf der nächsten BAföG-Novelle vor, der ebenfalls ab dem Wintersemester 2010/2011 leicht erhöhte Freibeträge und Bedarfssätze beim BAföG vorsieht, so dass formal gesehen natürlich nicht von einer Verdrängung des BAföG gesprochen werden kann. Allerdings wären die zusätzlichen staatlichen Mittel für das NaStip hervorragend für nachhaltige und tiefgreifende Verbesserungen des BAföG verwendbar; z.B. für eine wirklich erhebliche Erhöhung der Freibeträge vom Einkommen der Eltern und/oder für eine deutliche Zurückdrängung der Förderungsart Bankdarlehen.

Nachtrag vom 21.04.2010:
Die Bundesregierung hat nunmehr die Einführung des NaStip beschlossen; allerdings unter Herabsenkung des ursprünglichen Ansatzes der öffentlichen Ausgaben von 300 auf 160 Mio Euro (hälftig von Bund und Ländern getragen) jährlich. Außerdem soll die Akquise der ergänzenden privaten Mittel wegen des erklärten Desinteresses der deutschen Wirtschaft vorrangig auf die Alumni konzentriert werden.