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Zusatzbeitrag der GKV und Hartz IV

Nach der Ankündigung einiger gesetzlicher Krankenkassen, ab Februar 2010 Zusatzbeiträge in Höhe von vorerst 8 € monatlich zu erheben, stellt sich die Frage, wie die ca. 5 Millionen Empfänger von Alg II diese Beträge aufbringen werden.

Grundsätzlich hat jeder Versicherte den Zusatzbeitrag selbst zu tragen (§ 252 SGB V). Gemäß § 26 Abs. 4 SGB II kann die Bundesagentur die Zahlung der Zusatzbeiträge übernehmen, wenn der Wechsel der Krankenkasse eine besondere Härte für den Hilfebedürftigen darstellen würde. Das beträfe aber nur solche Fälle, in denen die bisherige Kasse Leistungen oder besondere Tarife anbieten würde, die von einer den Zusatzbeitrag nicht erhebenden Kasse nicht getragen/angeboten werden.
Im Regelfall muss also der Hilfebedürftige die Kasse wechseln, wenn er den Zusatzbeitrag nicht aus seinem Regelbedarf zahlen will. Im Zuge der schrittweisen Einführung von Zusatzbeiträgen durch alle Kassen wäre ein Hilfebedürftiger solange zum “Krankenkassenhopping” gezwungen, bis auch die letzte Kasse erstmals Zusatzbeiträge erheben würde. Allein der sich daraus ergebende Verwaltungsaufwand erscheint weder für die Hilfebedürftigen noch für die Krankenkassen zumutbar und angemessen. Auch müsste die letzte Kasse, die Zusatzbeiträge einführen würde, eine weit überdurchschnittliche Zahl von AlG II-Empfängern aufnehmen, was wegen der damit verbundenen geringen Einnahmen eine besondere Last darstellen würde.
Bisher stellt sich aber die Rechtslage in der gerade beschriebenen absurden Weise dar.

Daher ist zu fragen, ob der Hilfebedürftige den Zusatzbeitrag aus seinem Regelbedarf decken kann.
Gemäß der Regelsatzverordnung – basierend auf der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) von 1998 (!) – stehen dem alleinstehenden Hartz IV-Empfänger derzeit knapp 14 € monatlich für “Gesundheitspflege” zur Verfügung. Dieser Begriff umfasst vor allem Zuzahlungen für Heil- und Hilfsmittel, die schon 1998 relevant waren. Inzwischen wurden aber (unter Federführung der SPD) durch mindestens zwei Gesundheitsreformen die Zuzahlungsbeträge deutlich erhöht. Eine Anpassung des Regelbedarfssatzes zur Grundsicherung erfolgte dagegen nur marginal mit Hilfe des jeweils aktuellen Rentenwertes. Es ist daher nicht möglich, Zusatzbeiträge für Krankenkassen aus dem Regelbedarf zu decken. Vielmehr sieht die Regelsatzverordnung und § 251 Abs. 4 SGB V vor, dass die (üblichen) Krankenkassenbeiträge gerade nicht Teil des Regelsatzes sind, sondern vom Bund – vertreten durch die Bundesagentur – direkt an die Krankenkasse gezahlt werden müssen.

Die Sonderregelung zu den Zusatzbeiträgen durchbricht nun die bisherige grundlegende sozialstaatliche Praxis zur Übernahme von Krankenkassenbeiträgen und bürdet den Hilfebedürftigen unter Umständen mehrere Kassenwechsel oder die Begleichung des Betrages aus den begrenzten Mitteln ihres soziokulturellen Existenzminimums auf. Bei der gegenwärtigen Überprüfung der Bedarfssätze durch das Bundesverfassungsgericht dürfte auch dieser aktuelle Umstand eine Rolle spielen.

(Übrigens werden Krankenkassen-Zusatzbeiträge für Menschen, die Grundsicherung oder Sozialhilfe nach dem SGB XII erhalten, wegen § 32 Abs. 4 SGB XII vom Sozialamt übernommen.)