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Hartz IV: BSG rügt großzügige Berliner Umzugsregelung bei zu hohen Unterkunftskosten

Das Bundessozialgericht (BSG) hat am 15. Dezember 2009 dem Bund zu Lasten des Landes Berlin einen Anspruch auf  Schadensersatz  in Höhe von 13,143 Mio Euro zuerkannt (Az: B 1 AS/08 KL).
Dieser folge aus dem Schaden, den der Bund durch die großzüge Berliner Landesregelung über notwendige Umzüge  etc.  bei zu hohen Kosten der Unterkunft von Hartz IV-Empfängern in den Jahren 2005-2008 erlitten habe. Der Bund ist bei der Aufbringung der Mittel für die Kosten der Unterkunft von Hartz IV-Empfängern zu einem Drittel beteiligt.

Nach der (bundes-)gesetzlichen Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II sind Unterkunftskosten von Hilfebedürftigen, soweit sie nicht angemessen sind, “in der Regel längstens für sechs Monate” zu übernehmen. Das heißt, die Hartz IV-Empfänger haben innerhalb dieses Zeitraums ihre Kosten zu senken; entweder durch Untervermietung oder durch Umzug in eine günstigere Wohnung.

Die zur Ausführung des Bundesgesetzes durch das Land Berlin erlassene Ausführungsverordnung Wohnen (AV-Wohnen) ermöglichte es jedoch, “in einzelnen Härtefällen” 12 Monate für einen Umzug oder für Untervermietung in Anspruch zu nehmen. Diese großzügige Berliner Landesregelung kam insbesondere auf politischen Druck der Partei “Die Linke” in der Regierungskoalition mit der SPD zu stande. Begründet wurde diese Regelung vor allem damit, dass in den ersten 12 Monaten die Vermittlungsquote der Arbeitslosen am höchsten sei und daher den Arbeitslosen neben den üblichen Pflichten eines Hartz IV-Empfängers (z. B. weitestgehender Verbrauch des Vermögens, Annahme quasi jeder Beschäftigung …) nicht auch noch der Verlust der bisherigen Wohnung zuzumuten sei, solange noch eine recht schnelle Vermittlung erwartet werden könne. In der Praxis wurde diese Berliner Regelung allerdings nicht nur in Einzelfällen angewandt, sondern die Jahresfrist war die übliche Regelung.

Der Bund hatte – pikanterweise vertreten durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (bisheriger verantwortlicher Minister: Olaf Scholz, neuerdings stellvertretender Parteivorsitzender der “SPD im Aufbruch”) – gegen die Regelung der Berliner SPD-Linke-Koalition geklagt.

Das Bundessozialgericht kam zu der Auffassung, dass das Land Berlin “vorsätzlich und schwerwiegend” seine Pflicht zum Erlass von mit dem Bundesrecht vereinbaren Verwaltungsvorschriften verletzt hat. Insbesondere sei die Vorschrift Nr. 4 Abs. 3 AV-Wohnen “offensichtlich gesetzeswidrig” gewesen.
Wie diese Auffassung im Einzelnen begründet wurde und wie genau der Schaden des Bundes ermittelt wurde, bleibt der Analyse der noch nicht vorliegenden Urteilsbegründung vorbehalten.

Seit März 2009 gilt ohnehin die härtere Regelung des Bundes auch in der Berliner AV-Wohnen. Danach sind z. B.  für einen 1-Personen-Haushalt 378 € und für einen 2-Personen-Haushalt 444 € monatlich angemessene Kosten für die Unterkunft und Heizung.